Magnetische Eigenschaften von Edelstahl Rostfrei.
Im Internet wird gerne die Meinung vertreten, dass nichtrostender Edelstahl nicht magnetisch sei. Aus dem Irrglauben heraus wird dann empfohlen, einen Magneten zur Identifizierung zu nutzen. Bei einfachem Stahl soll der Magnet haften bleiben, was bei hochwertigem Edelstahl nicht der Fall sein soll.
Diese Aussage ist grundsätzlich falsch. Diese Art der Identifizierung wird von Fachleuten nicht empfohlen!
Innerhalb der nichtrostenden Stähle gibt es Ferrite und Martensite (Chromstahl), Duplex oder Austenite (Chrom-Nickel-Stahl). Diese sind je nach Zusammensetzung magnetisch oder unmagnetisch. Fachlich korrekt spricht man hier von magnetisierbar oder nicht magnetisierbar.
Wann ist ein Werkstoff „magnetisch“?
Bei magnetischem Verhalten spricht man von Ferromagnetismus. Dieser liegt vor, wenn ein Metall von einem Magneten angezogen wird. Das Metall kann selber magnetisiert werden und die Magnetisierung hält für eine Weile an, auch wenn das äußere Magnetfeld verschwunden ist.
Die Anziehungskraft zwischen einem Magneten und einem ferromagnetischen Material ist die Grundlage dafür, wie wir Magnetismus im Alltag wahrnehmen und kennen.
Die geläufigsten Beispiele für ferromagnetische Metalle sind Nickel, Kobalt, Eisen und Stähle der Gruppen Ferrit, Martensit und Duplex.
Wann gilt ein Werkstoff als „unmagnetisch“?
Paramagnetismus ist eine Form des Magnetismus, bei der ein Material ohne äußeres Magnetfeld keine messbare Magnetisierung aufweist. In Anwesenheit eines äußeren Magnetfelds ist es jedoch messtechnisch nachweisbar magnetisiert. Das äußere Magnetfeld wird dabei verstärkt.
In der alltäglichen Wahrnehmung reagieren paramagnetische Metalle nicht spürbar auf Magnetismus. Sie werden nicht vom Magneten angezogen und gelten somit umgangssprachlich ausgedrückt als unmagnetisch.
Typische paramagnetische Metalle sind z.B. Aluminium, Chrom, Platin und austenitischer nichtrostender Stahl.
Wie wird die Magnetisierbarkeit gemessen?
Eine physikalische Kenngröße zur Bestimmung ist µr, die auch relative magnetische Permeabilität genannt wird. Diese Kennzahl beschreibt, wie gut ein Werkstoff magnetisierbar ist. Je größer die Zahl, desto besser die Magnetisierbarkeit.
Paramagnetische Werkstoffe haben einen µr-Wert unwesentlich größer als eins. Ferromagnetische Werkstoffe haben typischerweise einen µr-Wert im Bereich von 100 bis hin zu einigen 1000.
Warum denkt man, dass Edelstahl Rostfrei „unmagnetisch“ ist?
und 70 % aller weltweit eingesetzten nichtrostenden Stähle sind Chrom-Nickel-Stähle. Diese Edelstähle sind Austenite und somit nicht magnetisierbar. Die umgangssprachlich als V2A oder V4A bekannten Werkstoffe werden somit besonders oft benutzt, wenn es um nichtrostenden Edelstahl geht. Die Chance ist groß, dass eine Spüle, das Waschmaschineninnere und andere Alltagsgegenstände aus diesem Werkstoff produziert wurden.
Streng genommen sind die meisten Chrom-Nickel-Stähle nicht vollständig austenitisch. In der werkstofflichen Realität ist es so, dass insbesondere die V2A- und V4A-Güten gewisse Anteile an Ferrit (sog. Delta-Ferrit) aufweisen. Hier sind Größenordnungen von bis zu 10 % Delta-Ferrit-Anteil durchaus üblich. Unter alltäglichen Aspekten reicht dies in der Regel aber nicht aus, um das Material spürbar magnetisierbar werden zu lassen.
Wie werden „unmagnetische“ nichtrostende Edelstähle „magnetisch“?
Erfährt der Werkstoff ein gewisses Maß an plastischer Kaltumformung, dann ändert sich in den umgeformten Bereichen die Gefügestruktur. Die Umformung kann bereits ein leichtes Richten oder Biegen des Materials sein.
Das austenitische Gefüge wandelt sich um und es bildet sich sogenannter Umklappmartensit, auch Umformmartensit genannt. Dieser ist dann wieder ferromagnetisch. Je nach Werkstoff und Grad der Umformung führt dies dazu, dass die eigentlich „unmagnetischen“ Chrom-Nickel-Stähle spürbar magnetisierbar werden. Im Bereich der Umformung reagiert das Metall dann spürbar auf handelsübliche Magnete mit spürbarer Anziehung. Beispiele sind Biegungen in Rohren, Schrauben oder eine Schnittkante einer Edelstahlplatte.
Ist nichtrostender Edelstahl minderwertig, wenn er "magnetisch" ist?
Die Frage, ob magnetischer Edelstahl minderwertig ist, ist klar mit Nein zu beantworten. Die Wahl des Werkstoffes wird primär nach Einsatzzweck getroffen und ist kein Indiz für Qualität. So ist beispielsweise der Boden von einem Induktionskochtopf besonders gut, wenn dieser stark magnetisierbar ist. Dieser lässt sich dann extrem schnell erwärmen. Beim Topfteil selbst wird hingegen bevorzugt V2A verwendet, da dieser besser korrosiven Flüssigkeiten und Säuren widerstehen kann.